Das künstlerische Schaffen ist universell ...

… und beschränkt sich nicht nur auf das Literarische. Aber nicht jeder Universalkünstler ist gleichermaßen talentiert. Ich kann schreiben und mir umfangreiche, literarische Gebilde ausdenken, aber ich kann nicht musizieren und leider auch nicht malen. Letzteres empfinde ich als sehr schade, denn einen Text zu schreiben, ohne ihn zu illustrieren, bedeutet auch immer, einen großen, visuellen Teil vor dem geistigen Auge nicht darstellen zu können.


Zum Glück leben wir in Zeiten, in denen man solche Defizite ausgleichen kann. Das Blendertum hat das dämliche naive Gutmenschentum erledigt - kein Grund für den Gutmenschen, frustriert zu sein! Ganz im Gegenteil. Ein bisschen Blenderei kann nicht schaden.


Wie also kann ich meine Geschichten - in diesem Fall das große Buchprojekt, an dem ich arbeite und noch lange arbeiten werde - so illustrieren, dass es nach was aussieht und sich wie eine Art „Corporate Identity“ ansehen lässt?


Die ersten Versuche beginnen ganz banal. Mit Graphit und Aquarellstiften eine Zeichnung frei Hand. Ein Foto einer Person dient als Vorlage. Das klappt, aber nur sehr sporadisch. Eine von fünf Zeichnungen, bestenfalls, taugt zur Weiterverarbeitung.

Jetzt kommen die neuen Techniken ins Spiel. Und das ist dank erstaunlich guter neuer chinesischer Hardware auch gar nicht so teuer. Mit Technik meine ich zum einen eine helle LED Unterlage, die Fotos durchleuchten kann. Das dient dazu, um auf Papier die durchscheinenden Konturen abzuzeichnen. Egal, wie hell diese LED Unterlage ist - es sind wirklich nur Konturen, die man damit erfassen kann.

Das zweite Stück Technik ist ein Grafiktablett. In kleiner Ausführung hatte ich lange Zeit ein Tablet vom Marktführer. Möchte man aber größere Zeichnungen anfertigen, dann muss das Tablet auch entsprechend größer sein. Da werden die Preise des Marktführers aber schnell pervers - das lohnt sich nur, wenn man dieses Gerät nicht nur für gelegentliche Illustrationen nutzen möchte.


Ebenfalls vom Hersteller des LED Tablet gibt es jetzt aber endlich brauchbare Konkurrenzprodukte, die dem Marktführer bei den Zeichentablets mächtig einheizen. Zu einem Drittel des Preises des Marktführers (ich versuche hier bewusst keine Werbung zu machen), habe ich ein Tablet gekauft, mit dem man auch große Zeichnungen sehr gut bearbeiten kann. Da ich eine Vergleichmöglichkeit zwischen beiden Alternativen habe (Marktführer und Chinaware), kann ich sagen, dass ich kaum einen qualitativen Unterschied sehe. Mit einer genialen Zeichensoftware wie „Sketchbook“ und einer guten Belegung von 12(!) Funktionstasten, lässt es sich sehr gut auf dem neuen Tablet zeichnen.

 

Praktisch sieht das so aus, dass ich zwei Techniken anwende. Entweder zeichne ich ein Bild komplett von Hand nach zuvor skizzierten Strukturen über das LED-Pad. Oder ich nutze eine gescanntes Foto als Hintergrundebene, stelle eine hohe Transparenz ein und übermale das Bild auf dem Grafiktablett. Theoretisch ist auch eine Kombination aus beidem möglich, also ein digitales Verfeinern der eigenen Zeichnung. An der Verfeinerung dieser Idee arbeite ich noch. Und übermalte Fotos? Da war doch was? Richtig - der größte, teuerste lebende Künstler wendet diese Technik sehr gekonnt an. Natürlich ohne Chinaware und mit mehr Talent ;-)

Mit der Zeit bekommt man Routine und legt sich auf bestimmte Stifte, eine bestimmte Kreide oder einen virtuellen Pinsel fest. Man bekommt auch ein Gefühl für Proportionen. Es ist tatsächlich so, dass die digitalen Erfahrungen am Tablet auf die Haptik des echten Stiftes übertragbar sind - zwei von fünf Zeichnungen sind jetzt besser als erwartet. Der Ausschuss wird kleiner.
Es ist auf jeden Fall ein stetiger Lernprozess. Es ist ein Versuch, ein fehlendes Talent mit Handarbeit auszugleichen. Im Moment sehe ich alles noch als Versuche, als Entwürfe an. Oft schwanke ich zwischen bewusstem Überblenden von Details durch Weichzeichnen und dem Bestreben, doch so viel Details wie möglich herauszuarbeiten.

Ein erstes Ergebnis dieser Bemühungen habe ich mal in diese Collage zusammengestellt. Das Bild ganz unten rechts ist eine pure Handzeichnung. Alles anders ist mehr oder minder ein digitales Abpausen. Ich denke, dass ich wenn es in die Endphase des Schreibens geht und ich unzählige Male durch die einzelnen Szenen gehen werde, die Protagonisten mich innerlich anflehen werden, sie kreativ darzustellen.

Der Protagonist meines Buches ist auch in dieser Collage. Er und noch eine andere Person sind fiktive Charaktere. Die anderen vier sind historische Personen. Zwei von ihren dürften sehr einfach zu identifizieren sein - meine Zeichenkünste haben sie nicht allzu entstellt - die anderen ... nein, das verrate ich nicht ... . Später irgendwann mal.