Tief in den Wolken

Ich hatte schon mehrfach über Backups in der Cloud berichtet. Ich bin ja User von OneDrive, dessen 1 TB Volumen knapp 10 EUR im Monat mit einem Abo des Office Paketes kombiniert ist. Das ist ein vernünftiges Angebot und wird von mir On-The-Fly benutzt. Das bedeutet, ich habe alle wesentlichen Ordner meines Desktops mit der Cloud ständig synchron.

 

Nicht aus Platzmangel, sondern aus dem Grund, nicht alles einem Anbieter anzuvertrauen, habe ich meine Musik an Google Play Music ausgelagert – was keinerlei Kosten verursacht, ich hatte davon berichtet. Als Foto-Backup habe ich bisher immer meinen flickr-Account verstanden. Den habe ich aber jetzt gelöscht. Ich hatte mittlerweile täglich irgendwelche Porno-Weiber, die meinen Account zugespammt haben. Das ist eine Masche, um Klicks zu generieren und User, aber auch Fotobetrachter auf deren Seite zu locken. Aus täglich 1-2 Spam-Mails wurden 4-5 stündlich.

Flickr ist für also gestorben. Im Moment baue ich dahingehend um, dass ich zusätzliche RAW Fotos ganzer Foto-Serien nach Prime-Photos auslagere und mir Adobe Behance anschauen werde. Das ist eine Kreativ-Community, die schlichte, aber sehr schöne Webseiten beinhaltet. Dort stellen Fotografen oder Designer ihre besten Fotos aus. Da ich in wenigen Wochen wieder auf der Insel bin, wird so eine Seite dann mal ausprobiert.

 

Zum Stichwort „Cloud“ gibt es aber seit heute eine Neuigkeit, die Online-Diskussionen auslöst, die sehr seltsam sind. Google hat heute auf dem deutschen Markt seinen „Lautsprecher“ veröffentlicht, der als Pendant zu Amazons Alexa das Zuhause digital steuern soll. Mit dem Schlüsselwort „Ok, Google“ gibt das Ding, ein Sprachassistent genannt „Google Home“ Antworten. Zum Wetter, zum Terminkalender, zu Geburtstagen oder zu einfachen Fragen, zu denen man sonst in Wikipedia nachschauen würde.

Eine der Reaktionen zu einem passenden Artikel bei einer großen deutschen Zeitung lautete wie folgt:

Jetzt muss ich natürlich zunächst sagen, dass ich absolut dafür bin, dass man all diese Entwicklungen kritisch sehen sollte. Dieses Ding hört mit, d.h., das Mikrofon ist ständig an. Es ist in der Tat ein großes Problem, dass solche Produkte existieren – eine tiefergehende Rechtsprechung speziell zur Auswertung von Daten jedoch nicht. Ich glaube zwar, dass alle definierten, analogen Persönlichkeitsrechte auch hier (theoretisch) greifen und ausreichend sind. Allerdings ist hier die Intransparenz das passende Stichwort. Diese Intransparenz ist abstrakt-logischen und philosophisch gemeint. Daten sind Informationen. Was aber ist eine Information?

Die Frage ist nicht einheitlich beantwortet, weder ontologisch, noch juristisch, noch in einer konsensfähigen, definierten alltäglichen Bedeutung (spätestens ab hier lesen vermutlich 99% der Besucher meiner Seite nicht mehr weiter ...).

 

Und woran erkennt man diese fehlende Definition? Eben an oben gezeigtem Screenshot. Man könnte es naiv nennen, aber ich sehe es eher humoristisch. Ich stelle mir schlicht vor, wie der Autor diesen Text auf einem Smartphone getippt hat. Eines mit Mikrofon, zwei Kameras, GPS und App zu seiner Fit-Bit-Watch. Oder es liegt neben dem Rechner, während der Beitrag getippt wurde. Immer dabei und nicht nur „harmlos“ stationär wie Google Home.

 

Noch besser ist die Diskussion, die zu diesem Kommentar geführt hat:

Es ging darum, dass das Gerät einen vollen Zugriff auf das Google Konto benötigt und man viele Datenschutzeinstellungen deaktivieren muss. Das ist schlicht logisch, denn wenn ich Musik von Google Music über das Ding hören möchte, muss es Zugriff darauf haben. Wenn ich möchte, dass es mir den Standort des nächsten Bäckers verrät, dann muss es meinen Standort kennen.

Einfacher gesagt: Es gibt User, die beschweren sich darüber, dass ein Google-Produkt Zugriff auf Google hat. Das ist absurd. Seitdem es Modems gibt, wurde schon unter Windows 3.1 die winsock.dll genutzt. Das ist die Schnittstelle, mit der ein PC nach außen kommuniziert. Was dort rausgeht und wie über Backdoors Daten abfliessen, dass weiß kein normaler Mensch. Auch Linux-User werden im Regelfall nicht jede einzelne Zeile eines Programms prüfen bevor sie es kompilieren und nutzen. Es ist also völlig egal, ob so ein Google Home im Netzwerk zusätzlich steckt.

Eine ganz andere Frage ist die nach dem Nutzen einer solchen Spielerei. Der würde sich für mich nur mit einem erstklassigen Lautsprecher ergeben und einer perfekten Anbindung an die Musik in meiner Cloud. Aber auch dann wäre das wirklich nur eine Spielerei.

 

Was mich stört, ist schlicht die fehlende Zuwendung auf den Kern des Problems. Es gibt viele kompetente Menschen, die längst in die Politik gehören. Und zwar an entscheidende Stellen. Es muss ein Informationsministerium geschaffen werden mit einem führenden Informatiker als Minister und Leuten vom Chaos Computer Club als Staatssekretäre. Und dann muss der Lauf der Zeit endlich greifbar gemacht werden. Es ist momentan so, als würde man darüber diskutieren, wie man den täglichen Stuhlgang vermeiden könnte. Die einen sagen, ich esse nie wieder etwas. Die anderen sagen, ich stecke mir einen Korken in den Hintern. Beides sind ziemlich dumme Haltungen. Die Zukunft ist der schmale Pfad zwischen Verweigerungshaltung durch ständiges Verharren in Perspektiven einer angeblich besseren Vergangenheit und dem naiven reflexartigen Konsumieren von allem, was neu ist ohne sich selbst auf ausreichende Mündigkeit zu prüfen.

 

Hier die aktuellen Links zu den Artikeln,  die heute, am 08.08.2017, über "Google Home" berichtet haben: