Music For The Masses

Die Perfektion ist jetzt 30 ...

Vor fast auf den Tag genau 30 Jahren haben Depeche Mode in einem Studio in Paris die Aufnahmen zu ihrem sechsten Studioalbum namens "Music For The Masses" abgeschlossen. Vor fünf Jahren, zum 25. Jubiläum, hatte ich schon nachfolgende Rezension geschrieben, die ich jetzt ein weiteres Mal hier platziere ... .

Es gibt sie. Die Konstanten im Leben. Das Gefüge, das Allem einen Rahmen gibt. Der Vogel, in Zellophan verpackt, das orangefarbene Cover, die Frau im Kornfeld, ein Gewitterhimmel, mit dem Vorschlaghammer vor dem Matterhorn oder das Brautpaar in der Fabrik. Plattencover.

Ich hatte sie noch in groß. Nur dafür - nicht für den Klang - sollte man die Erfindung der CD und erst Recht die Erfindung der MP3s verfluchen. Solche schönen Bilder brauchen ein großes quadratisches Hochglanzcover, welches die Musik verpackt. Musik, Vinyl, das an dem Cover klebt, das leicht knistert, wenn man es von dem feinen Innencover befreit, auf das sich sofort sichtbar die ersten Stäubchen, klein und zart nur bei Sonne sichtbar, ablegen, weil die statische Aufladung, es aus dem Presswerk bis zwischen meine Zeigefinger und Daumen geschafft hat. Man hat schnell diesen breitfingerigen Griff drauf, der den Rand und die Mitte berührt, niemals die Rillen. Dann auf den Plattenteller legen, den Trägerarm mit der Nadel ansetzen und dem ersten zarten Knacken lauschen.

Gigatomanisch! All die genannten Cover sind schön, auch die nachfolgenden, die Rose von Corbijn, das düstere Logo der Ultra. Aber musikalischer, wie auch covertechnischer Höhepunkt ist MUSIC FOR THE MASSES.

BONG! Die roten Lautsprecher, die mich mal zu dem Entschluss verleitet haben, sie nach zu bauen, stehen in der Landschaft, auf dem Felsen, in der Hügellandschaft, vor einem Atomkraftwerk.

Die perfekte Symbiose von Konzept und Musik ohne Konzeptmusik zu sein. Ein rundum stimmiges Kunstwerk, wie es nur wenige Bands schaffen. Filigraner als „The Joshua Tree“ von der anderen großen Band dieser Zeit ohne ein Potenzial von Langeweile wie „The Wall“, kleiner - weil nur genrebildend, nicht generationprägend - wie alles von den Beatles oder den Stones, aber groß genug, um für ein Individuum musikalisch perfekt zu sein.

 

  • Never Let Me Down Again: Es beginnt mit Bombast und tiefer Schwärze. Bis heute die Visitenkarte der Band.
  • The Things You Said: Ein liebender Geist, verraten und verkauft, kann kaum mehr seine Enttäuschung ausdrücken.
  • Strangelove: Pop. Leitmotiv.
  • Sacred: Der Glaube. Noch ein Leitmotiv.
  • Little 15: Die dunkle Ballade über die Probleme des Erwachsenwerdens. „The world outside - you´re not part of it, yet.“
  • Behind The Wheel: Vierfach ansteigender, sich wiederholender androgyner Sound in Perfektion.
  • I Want You Now: Romantik, die dem Schmalz beraubt ist.
  • To Have And To Hold: Der kürzeste Song von Depeche Mode, mit dem tiefsten Abgrund.
  • Nothing: Der Text ist vielleicht derjenige welche, der am ehesten einem Gedicht nahekommt.
  • Pimpf: Instrumentaler Schlussakkord.


MUSIC FOR THE MASSES synthetisiert die 80er, nimmt aus ihnen das Beste und konserviert dieses für die Ewigkeit. Für mich das beste Album aller Zeiten.